„Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe.

Pipi Langstrumpf, das literarische Kind der schwedischen Schriftstellerin Astrid Lindgren, hat mehre starke Aussagen und Zitate, welche ich erst jetzt bei genauerer Betrachtung deuten kann.

Erst musste ich lachen, als ich diesen Satz las. Die typische Einfachheit und Lebenslust kombiniert mit viel Mut und Stärke macht den Zauber der Geschichte zu einer Kombination aus Kinderbuch und Erwachsenengeschichten.

Denn dieser Satz beschreibt eine so goldrichtige Haltung, dass es sich lohnt, ihn aus dem Kindermund in ein Erwachsenen-Umfeld zu transportieren.

Sehr viele Veränderungsprozesse geschehen aus einer Situation des (Anpassungs-)Drucks heraus. Ein Unternehmen oder eine Abteilung ist häufig von Neustrukturierung und Anpassung im Alltag geprägt. Die häufigsten Begleiterscheinungen dieser Veränderungsprozesse sind Angst, Verzagtheit und Demotivation. Verständlich, denn die Veränderung erfolgt in diesem Fall meistens nicht freiwillig. Diese Begleiterscheinungen transportieren neben den negativen Emotionen jedoch noch einen weiteren Aspekt, nämlich die Überzeugung, die Veränderung nicht zu wollen oder ihr nicht standhalten/sie nicht gestalten zu können. Herrschte eine andere Überzeugung vor, wären Angst, Verzagtheit und Demotivation nicht notwendig.

Hier kommt eines unserer mächtigen psychologischen Systeme zum Ausdruck:  In dem Moment, wo uns eine Situation Stress verursacht, die wir glauben, nicht selbst regulieren zu können, gehen wir – automatisch – in eine Abwehrhaltung. Wir verlieren die Lust, sind genervt, ängstlich, zögernd – mit anderen Worten, wir gehen in eine passive Haltung und warten ab.

Dieser Modus ist in Veränderungssituation hochgradig störend und überhaupt nicht zielführend – dennoch ist er menschlich eine völlig natürliche Reaktion.

Die entscheidende Frage für Unternehmenslenker und Führungskräfte ist: Wie bekommt man Menschen von einem Abwendungsmodus hin zum zweiten mächtigen psychologischen System, das wir nämlich auch in uns haben: Dem Annäherungsmodus? In diesem Modus agieren wir lustvoll, begeistert, freiwillig und motiviert. Wir beginnen zu gestalten.

Pipi Langstrumpf kann da helfen, denn sie ist nicht nur bekannt, mit ihr sind auch – zumindest bei mir – unendlich viele positive Erinnerungen verbunden. Ihr freches Grinsen bringt mich noch heute zum Lachen. Ihren Mut bewundere ich. Ihre Kreativität inspiriert mich. Ihren Freigeist finde ich erstrebenswert.

Pipi Langstrumpf bringt viele Menschen – automatisch – in einen Annäherungsmodus, weil sie die Figur, ihre Geschichten und die Erinnerung an schöne Momente lieben. Und ihr Satz „Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe“ trägt ein überaus hohes Maß an Selbstwirksamkeit in sich, von dem wir uns anstecken lassen können.

Pipi kann in neuen Situationen gar nicht scheitern, weil sie diese Situationen noch nie zuvor erlebt hat – sonst wären sie ja auch nicht neu. Und das ist, finde ich, eine Haltung, die wir Erwachsenen uns auch wieder antrainieren dürfen. Denn diese Erkenntnis versetzt uns in neuen Situationen – automatisch – in den Annäherungsmodus. Sie nimmt Stress und Erfolgsdruck heraus und packt dafür eine ordentliche Ladung Selbstvertrauen obendrauf.

Mit dem Satz im Hinterkopf können wir uns viel problemloser selbst davon überzeugen, dass wir, selbst wenn wir scheitern sollten, keine Versager sind, denn wir haben etwas zum ersten Mal gemacht. Wir hatten noch keine Erfahrungen. Es ist natürlich, dass Fehler passieren. Nun haben wir die Erfahrung, folglich können wir auch aus dem Fehler lernen.

Neue und unbekannte Situationen verlieren mit Pipi Langstrumpfs Haltung ihren Schrecken. Wir bleiben oder rutschen mit ihr in den Annäherungsmodus.

(vgl.: Von Pipi Langstrumpf lernen – Melanies VogelPerspektiven (wordpress.com))

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