Andreas Neubacher - Psychologische Beratung

Tipps und Methoden Entscheidungen zu treffen

Rund 20.000 Entscheidungen treffen wir täglich. Die meisten davon blitzschnell und intuitiv. Etwa die Wahl der Kleidung oder was wir zum Frühstück essen. Andere Entscheidungen sind schwieriger und komplexer: Die Berufswahl oder die Partnerwahl zählen zu den wichtigen Lebensentscheidungen. Sie erfordern mehr Bedenkzeit. Wie aber lassen sich so schwierige Entscheidungen treffen? Rational oder intuitiv?

Mit jeder Entscheidung FÜR etwas enscheiden wir uns auch automatisch GEGEN etwas! Ein echtes Entscheidungsdilemma. Dummerweise achten wir häufiger auf den damit verbundenen Verlust und trauern diesem hinterher. Wegen dieser Verlustängste werden Entscheidungen nicht nur blockiert. Wir treffen oft auch falsche Entscheidungen. Das konnte zum Beispiel der Verhaltensökonom Dan Ariely nachweisen. Um zu verhindern, dass sich bei jeder Wahl GEGEN etwas die Optionen verringern, sagen wir kurzfristig zu – obwohl das langfristig gar nicht klug ist.

Ich kann mich nicht entscheiden! – Woran liegt das nun?

Hinzu kommt die wachsende Zahl der Wahlmöglichkeiten. Ob in Einkaufszentren oder im Internet: Überall herrscht ein endloses Angebot. Im Job ist es nicht anders: Studiengänge, BerufsbilderKarrierechancen – die Auswahl ist riesig. Gefühle und Marketing-Tricks vernebeln zusätzlich die Sinne. Schwer, sich da auf etwas festzulegen.

Entscheidung treffen: Kopf oder Bauch?

Viele Entscheidungen treffen wir unbewusst und spontan. Sprichwörtlich aus dem Bauch heraus. Aber sind sie deswegen besser? Oft – ja, aber nicht zwingend. Zahlreiche Studien über die „Macht der Intuition“ zeigen: Bauchentscheidungen sind nicht schlechter als die des Verstandes, dafür aber zig Mal schneller. So fand etwa die Psychologin Sian Leah Beilock von der Universität Chicago heraus, dass Profi-Golfspieler am besten spielen, wenn sie keine Zeit haben, über den Schlag nachzudenken.

Das Dilemma langfristiger Entscheidungen

Geschwindigkeit ist aber nicht alles. Das Hauptproblem vieler Entscheidungen ist, dass sie langfristige Folgen haben oder langfristige Ziele verfolgen. Die Entscheidung dafür oder dagegen müssen wir aber hier, jetzt, heute treffen. Viele entscheiden sich getreu dem Sprichwort für den Spatz in der Hand als für die Taube auf dem Dach. Nicht immer ist das die beste Wahl.

Also schließen wir einen Kompromiss: Wir wählen nicht das, was wir eigentlich wollen. Aber wenigstens hat es jetzt ein paar Vorteile. Gefährlich! EIN Kompromiss mag nicht so schlimm sein. Aber VIELE Kompromisse hintereinander können uns weit von uns selbst und unseren Zielen entfernen.

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Wie treffe ich nun Entscheidungen?

Wer künftig bessere Entscheidungen treffen will, sollte sein Unterbewusstsein nutzen und zugleich folgende Tipps und einfache Tricks berücksichtigen:

  • Machen dir deine Kompromisse bewusst.
    Eine Entscheidung, mit der wir langfristig glücklich werden, sollte unabhängig getroffen werden. Die meiste Zeit treffen wir keine schlechten Entscheidungen. Wir gehen aber Kompromisse ein, weil sie uns einen kurzfristigen Erfolg Bevor sie uns vom Kurs abbringen, sollten wir sie hinterfragen.
  • Zwingen dich zu einer kurzen Auszeit.
    Wenn du merkst, dass du eine kurzfristige oder kurzsichtige Wahl triffst, dann zwingen dich sich zu einer Pause, um den Entscheidungsstress zu senken. Zum Beispiel indem du eine Nacht drüber schlafst. So sinkt das Bedürfnis für eine Instant-Belohnung.
  • Wechsle in die Metaebene.
    Vor jeder schweren Entscheidung solltest du ein paar Schritte zurücktreten und das Szenario aus einer übergeordneten Perspektive betrachten. Wohin führt Sie die Entscheidung langfristig? Welche Konsequenzen sind damit verbunden? Welche Chancen? Wenn du das nicht siehst, reagierst du nur.
  • Schalte Störquellen aus.
    Wer eine wichtige Entscheidung treffen muss, sollte alle relevanten Informationen kennen und externe Stress- oder Störfaktoren (Vermutungen, Meinungen, Ängste) eliminieren. Eine gute Wahl braucht Bedenkzeit. Treffe weitreichende Entscheidungen erst, wenn Sie die Ruhe und Relevanz dafür haben.
  • Suche nicht nach dem richtigen Weg.
    Der Begriff „richtig“ suggeriert, dass es eine allgemeingültige Entscheidung gäbe. Für die meisten Situationen trifft das nicht zu. „Richtig“ ist deswegen immer im Kontext von „für mich richtig“ zu sehen. Das im Hinterkopf, fällt es leichter sich von Entscheidungsblockaden zu lösen.
  • Zugegeben, die Punkte stellen ein einfaches Konzept dar. Aber einmal verinnerlicht, lassen sich damit Alltagsentscheidungen und schwierige Entscheidungen besser treffen.

Je wichtiger die Wahl, desto schwieriger wird es, kluge Entscheidung treffen zu können. Ein Königsweg existiert leider nicht. Dafür gibt es zahlreiche Methoden, mit denen die Qual der Wahl leichter fällt. Ich möchte dir nun die 12 wichtigsten Entscheidungstechniken vorstellen.

  1. Die Pro-Contra-Liste

Die Pro-Contra-Liste funktioniert und ist einfach: Nehme ein Blatt Papier, links schreibe die Argumente FÜR („pro“) deine Wahl auf, rechts die DAGEGEN („contra“). Schon die Anzahl der Punkte kann ein Indiz sein. Besser ist, die Argumente zu gewichten: Manches Contra-Argument ist so schwerwiegend, dass es nicht aufgewogen werden kann. Nachteil der Methode: Je mehr Alternativen du hast, desto komplexer werden die Listen. Und desto schwieriger wird die Auswahl.

  1. Die Benjamin-Franklin-Liste

Diese Liste vergleicht allein die Pro-Argumente und benotet diese. Anschließend wird pro Punkt eine Gesamtnote ermittelt. Die Bestnote ist auch die beste Wahl. Leider werden bei der Technik keine Nachteile betrachtet. So besteht die Gefahr einer rosaroten Abbildung, bei der entscheidende Konsequenzen übersehen werden. Die Benjamin-Franklin-Liste eignet sich daher zur ersten Orientierung.

  1. Der Entscheidungsbaum

Wer Listen nicht mag, wählt diese Entscheidungstechnik. Per Gegenüberstellung und K.o.-Kriterien werden die Optionen Schritt für Schritt verringert. Die Methode eignet sich bei vielen Wahlmöglichkeiten. Sie stößt aber an Grenzen, wenn man nicht festlegen kann, welche davon zu den eigenen Erwartungen passt.

  1. Die Entscheidungs-Mindmap

Auch Mindmaps helfen. Hier steht die Entscheidung im Zentrum. Davon zweigen – als Äste – die Alternativen ab. Jeder Ast hat weitere Verzweigungen mit Pro- und Contra-Argumenten. Am Schluss folgt die Bewertung der einzelnen Pfade. Die Dicke der Äste symbolisiert die Stärke der Argumente.

  1. Die Entscheidungsmatrix

Hierbei werden alle Wahloptionen in Spalten eingetragen. Im zweiten Schritt definieren Sie Kriterien, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Sie kommen in die Zeilen der Matrix. Nun werden die Optionen nach diesen Kriterien auf einer Skala von 1 bis 10 oder als Schulnoten bewertet. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt.

  1. Die Consider-all-Facts-Methode

Der britische Kognitionswissenschaftler Edward de Bono (DeBono-Denkhüte) entwickelte diese Entscheidungsmethode. Dabei werden ausnahmslos (!) alle relevanten Faktoren für eine Entscheidung gesammelt. Wichtiges kommt zuerst, Zweitrangiges ans Ende der Liste. Je mehr Informationen vorliegen, desto klarer wird das Bild. Die Methode erlaubt, vernünftige Entscheidungen bei vielen Variablen zu treffen.

  1. Die Consider-the-Best-Methode

Dabei fokussiere dich lediglich auf den jeweils wichtigsten Entscheidungsfaktor. Zum Beispiel den Preis eines Produkts. Die Methode stößt aufgrund der Vereinfachung aber schnell an Grenzen. Ignorieren solltest du sie trotzdem nicht. Sie eignet sich gut für Alltagsentscheidungen.

  1. Die Scheibchen-Methode

Um bei wirklich wichtigen Entscheidungen den Überblick zu behalten, sollten Sie das GROSSE Ganze in kleinere Etappen zerlegen. Die Stücke vereinfachen und erleichtern die eigentliche Entscheidung. Statt einer fundamentalen Entscheidung triffst du jetzt viele kleine, die sich auch mal als falsch erweisen können. Das große Ziel wird davon nicht wesentlich beeinflusst.

  1. Der Standpunktwechsel

Je mehr Emotionen ins Spiel kommen, desto stärker wirken die Kräfte der Verblendung und des Selbstbetrugs. In dem Fall hilft ein Perspektivwechsel. Stelle dir zum Beispiel die Frage: „Was würde ich einem Freund raten, der vor der Entscheidung steht?“ Vorteil: Bei anderen sehen wir die Dinge oft klarer als bei uns selbst.

  1. Die Best-Case-Worst-Case-Analyse

Wer eine Entscheidung treffen will, steht sprichwörtlich vor einer Weggabelung. Für jede Alternative gibt es ein Best-Case- und ein Worst-Case-Szenario. Das machst du dir hierbei bewusst – und behaltest so langfristige Konsequenzen im Blick. Stößt du auf ein Szenario, dessen schlechtester Ausgang wahrscheinlich ist, wird es aussortiert. Umgekehrt: Ist selbst der schlimmsten Fall gar nicht so übel, offenbart sich ein gangbarer Weg.

  1. Die Entscheidungsfragen

Nicht immer müssen es ausgeklügelte Methoden sein, um Entscheidungshilfen zu liefern. Diese Fragen tun es auch:

Was will ich wirklich?
Was will mein Herz?
Was sagt der Kopf?
Warum will ich das?
Bin ich ehrlich zu mir?
Habe ich alle Alternativen geprüft?
Kenne ich die Konsequenzen?

  1. Die Zeitreise-Methode

Wie beim Perspektivenwechsel geht es darum, Distanz zum Entscheidungsdilemma aufzubauen. Die Journalistin Suzy Welch entwickelte dazu die sogenannte 10-10-10-Methode. Sie richtet mittels drei simpler Fragen den Blick in die Zukunft und auf die langfristigen Auswirkungen:

Wie werde ich über meine Entscheidung…
…in 10 Minuten denken?
…in 10 Monaten denken?
…in 10 Jahren denken?

 

Eine Entscheidung treffen heißt vereinfachen, denken und fühlen

Um eine gute Entscheidung zu treffen, reduziere zunächst die Komplexität deiner Optionen und schätze diese mit Hilfe deines Verstandes rational ein. Behalte dafür deine Ziele im Auge und sei dir bewusst, was dir bei der Entscheidung wichtig ist. Ignoriere nie deine Gefühle und aber trau dich auch, eine Entscheidung zu treffen, die dir vielleicht erstmal Angst macht. Und wenn es Zeit ist: Triff die Entscheidung, steh zu ihr und handle! Wenn du dein „Warum“ kennst und deine Ziele gesteckt hast, dann wird das schon gut werden!

 

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