Andreas Neubacher - Beratung-Supervision-Coaching

„Jeder Mensch macht in jedem Augenblick seines Lebens das Beste, was er für sein Leben tun kann“ (M. Rosenberg)

Ich werde in den Supervisionen, Beratungen und Coachings regelmäßig mit dem Thema der Bedürfnisse meiner Kunden konfrontiert. Auffällig dabei ist der Umgang bzw. der „nicht Umgang“ mit unseren Bedürfnissen. Wenn wir selbst nicht artikulieren, welches Bedürfnis wir haben, wird sich auch nichts verändern. Meist kommt es dann zum Konflikt mit meinem Gegenüber, da dieser mich ja kennen muss und daher weiß was ich gerade benötige- zumindest ist dann nach einem Konflikt die Erklärung für das Verhalten.

Was ist hier mit Bedürfnissen gemeint? Sicher nicht das „Bedürfnis“ danach, Recht zu behalten oder in einem Konflikt die eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Und wie hilft dir der Ausdruck deiner Bedürfnisse in einem Konfliktgespräch?

Umgangssprachlich sagen wir zum Beispiel gern:

Ich habe das Bedürfnis, dass du jetzt endlich Ruhe gibst.

Das ist kein Bedürfnis, sondern eine verkappte Verhaltensanweisung.

Oft hören sich Bitten wie Verhaltensanweisungen an:

  • Dreh bitte die Musik leiser.
  • Seien Sie bitte pünktlich zur Besprechung.
  • Mach bitte die Tür zu.
  • Stör mich nicht, ich habe zu tun.

Wenn die andere Person diese Bitte ohne Gegenwort akzeptiert, ist alles gut. Problematisch wird es, wenn sie sie nicht als Bitte, sondern als Anweisung hört und verärgert reagiert. Dann habt ihr Klärungsbedarf. Vorbeugen kannst du dem, indem du dein Bedürfnis ausdrückst, statt dem anderen zu sagen, was er tun oder lassen soll.

Als Bedürfnis ausgedrückt würde es heißen:

  • Ich brauche etwas Ruhe. Ich hatte einen stressigen Tag.
  • Ich möchte gern mit allen gemeinsam die Besprechung beginnen. Deshalb ist mir wichtig, nicht warten zu müssen.
  • Ich möchte es gern warm haben hier im Raum, deshalb mach bitte die Tür zu, wenn du hinausgehst.
  • Ich möchte mich die nächsten zwei Stunden ganz auf meine Arbeit konzentrieren können.

Wenn du etwas als Bedürfnis ausdrückst, kann das dein Gegenüber meist gut annehmen. Denn Bedürfnisse (wenn es tatsächlich echte Bedürfnisse sind) kann man nicht streitig machen. Deshalb bist du in einem Konfliktgespräch erfolgreicher, wenn du dich auf dein Bedürfnis beziehst.

Was genau ist ein Bedürfnis?

Für mich passt folgende Definition: Unter Bedürfnis versteht man in der Alltagssprache ein Verlangen, einen Wunsch, Ansprüche oder etwas meist Materielles zum Leben Notwendiges.

Marshall Rosenberg, der Begründer der Gewaltfreien Kommunikation, definiert es so:

Bedürfnisse sind immer etwas Positives. Etwas was du brauchst, damit du leben kannst und dich wohlfühlst.

Du kannst ein Bedürfnis nach Wärme, Nahrung, Schlaf, frischer Luft, Bewegung, Anerkennung deiner Arbeit, Verständnis von anderen, nach Liebe, Wertschätzung, Ruhe, Anregung, Ordnung, Spontaneität, Verlässlichkeit, Vertrautheit, Sicherheit haben.

Für sich gesehen stellen Bedürfnisse kein Problem dar. Konflikte entstehen dann, wenn Menschen mit unterschiedlichen, sich widerstrebenden Bedürfnissen zusammentreffen und jeder auf seinem Bedürfnis beharrt und nicht verhandlungsbereit ist.

Sobald jemand aus einem Bedürfnis heraus handelt, das im Gegensatz zu deinem Bedürfnis steht, hast du ein Problem.

Deshalb schau in einer Konfliktsituation zuerst danach, wessen Bedürfnis nicht befriedigt wird.

Viele Menschen sind sich nicht klar, dass das Problem in den sich widerstrebenden Bedürfnissen besteht.

Sehr oft sehen wir unser eigenes Bedürfnis als das „richtige“ an. Das Bedürfnis, aus dem das Verhalten der anderen Person resultiert, sehen wir als „falsch“ an. Folglich ist das Handeln der anderen Person ein Fehl-Verhalten. Wenn du das verstanden hast, bist du einen großen Schritt weiter.

Ein Beispiel: Frische Luft im Büro

Zwei Menschen arbeiten im gleichen Büro. Der eine mag es warm und hasst Zugluft. Der andere liebt frische Luft und findet den Raum total stickig. Die Verlockung ist groß, dass man das Bedürfnis des anderen nicht akzeptiert und ärgerlich wird, wenn die andere Person etwas unternimmt, um ihr Bedürfnis zu befriedigen.

Einen Konflikt gibt es immer dann, wenn jemand glaubt, dass sein Bedürfnis mehr berechtigt ist und sich durchzusetzen versucht.

In der fairen Kommunikation geht es nie um richtig oder falsch, sondern um die Frage, wie wir unsere unterschiedlichen Bedürfnisse befriedigt bekommen.

Im Konfliktlösegespräch kann man dann die Bedürfnisse besprechen und eine gemeinsame Lösung finden.

Es lohnt sich, den Teams regelmäßig die Möglichkeit zu geben, sich als Team zu besprechen und hier präventiv Konflikte zu bearbeiten. In regelmäßigen Teamentwicklungen oder Supervisionen gelingt das sehr gut und sorgt für ein produktives  und lösungsorientiertes Teamgefüge.

 

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